Zwei Bücher der Autorin Melanie Raabe habe ich schon gelesen, eines hat mich begeistert, das andere fand ich nicht ganz so gut. Daher war ich sehr gespannt, wie mich ihr neustes Buch Der Schatten gefallen will.
„Am 11. Februar wirst du am Prater einen Mann namens Arthur Grimm töten. Aus freien Stücken. Und mit gutem Grund.“ Gerade ist die junge Journalistin Norah von Berlin nach Wien gezogen, um ihr altes Leben endgültig hinter sich zu lassen, als ihr eine alte Bettlerin auf der Straße diese Worte förmlich entgegenspuckt. Norah ist verstört, denn ausgerechnet in der Nacht des 11. Februar ist vor vielen Jahren Schreckliches geschehen. Trotzdem tut sie die Frau als verwirrt ab, eine Irre ist sie, es kann gar nicht anders sein – bis kurz darauf ein mysteriöser Mann namens Arthur Grimm in ihrem Leben auftaucht. Bald kommt Norah ein schlimmer Verdacht: Hat sie tatsächlich allen Grund, sich an Grimm zu rächen? Was ist damals, in der schlimmsten Nacht ihres Lebens, wirklich passiert? Und kann Norah für Gerechtigkeit sorgen, ohne selbst zur Mörderin zu werden?
Ich habe mich sehr auf Der Schatten gefreut, obwohl ich von Die Wahrheit nicht begeistert war. Der Klappentext hat mich gleich angesprochen. In dem Buch verfolgen wir die Geschichte von Norah, die nach ihrer Trennung in das wunderschöne Wien zieht. Doch ab da passiert einiges, das Norah nicht erklären kann. Eine Obdachlose erzählt ihr, dass sie bald einen Mann umbringen wird. Nach und nach tun sich Geheimnisse auf und Norah geschehen Dinge, die sie zweifeln lässt. Wie es scheint, hat der Mann doch mit ihrer Vergangenheit zu tun.
Norah war mir eine sympathische Protagonistin. Sie ist Journalistin, neugierig, selbstbewusst und setzt sich für Freunde, aber auch Fremde ein. Besonders die Rechte der Frauen liegen ihr am Herzen. Sie hat einiges durchgemacht, aber sie ist trotzdem eine starke Frau. Und dennoch zeigt sie auch Schwächen auf, wie sie jeder von uns hat.
In Raabes vorherigem Buch habe ich die vielen langatmigen Stellen kritisiert, die einfach unnötig waren meiner Meinung nach. In Der Schatten finde ich die Informationen genau richtig portioniert. Sie unterbrechen keine spannenden Stellen und sorgen für die richtige Atmosphäre. Und diese Atmosphäre hat mich immer gepackt. Mal spürt man die Einsamkeit Norahs, dann die Angst, das Entsetzen, aber auch die Entschlossenheit. Und immer umgibt die Geschichte eine bedrohliche Stimmung, die für die Spannung sorgt. Und Wien als Kulisse ist natürlich immer etwas ganz Besonderes.
Zwischendurch gibt es kurze Kapitel aus der Sicht einer anderen Person. Von einer Person, die Norah beobachtet. Die Kapitel geben neuen Input, verraten aber nicht zu viel und sorgen auch nochmal für Spannung und eine düstere Atmosphäre. Menschen sind beeinflussbar und können manipuliert werden und ständig schwebt die Frage über einem, ob sie aber auch zu einem Mord getrieben werden können. Denn wie Norah denken doch die meisten, dass sie das niemals könnten.
Und ja, ich fand dieses Buch sehr spannend. Ich wollte unbedingt wissen, was es mit der Prophezeiung auf sich hat und es wurden immer wieder neue Hinweise geliefert, die an ein bestimmtes Ende denken lassen. Man fragt sich, was Norah machen wird, wird die Prophezeiung eintreffen? Ist sie wirklich zu einem Mord fähig? Nach und nach werden auch die losen Fäden zusammengeknotet, aber erst am Ende ergibt alles einen Sinn. Und ich bin froh, dass auf alles nochmal eingegangen wird und es keine offenen Fragen gibt.
Und es kommt zu überraschenden Wendungen, die ich genau richtig eingebaut empfand. Beim Lesen habe ich viel spekuliert und mitgerätselt, aber mit dem Ende habe ich niemals gerechnet. Und ich muss sagen, dass ich den ganzen Plot der Geschichte richtig gut fand. Ich musste sogar ein wenig an Fitzek denken. Das Ende hat mich wirklich begeistert.
Der Schatten ist ein durch und durch gelungener Thriller, der mich auf allen Ebenen überzeugen konnte. Spannend, überraschend und mit eingebauten aktuellen Debatten, ein Buch, das ich empfehlen kann.
Weitere Informationen
Titel: Der Schatten
Autorin: Melanie Raabe
Verlag: btb
Seitenanzahl: 416
Weitere Bücher der Autorin
Die Falle
Die Wahrheit
Ich danke dem btb Verlag für das Rezensionsexemplar!
Ich kann mich bei der Bewertung von Melanie Raabes Büchern nur komplett anschließen. „Die Falle“ war ein super Debüt. „Die Wahrheit“ hat mich nicht vom Hocker gerissen. Und „Der Schatten“ hat es wieder geschafft, mich zu überzeugen. Weil Melanie Raabe so wunderbar mit der Sprache spielt, passt das zu der eher ruhigen Erzählweise und die Atmosphäre, die sie damit erzeugt, ist einfach grandios.
LG Gabi