Rezension – Kein schönerer Ort- Manichi Yoshimura

Schon länger habe ich vor, Bücher von asiatischen Autor*Innen zu lesen. Dann wurde mir Kein schönerer Ort empfohlen und ich fand den Klappentext interessant. Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich der Empfehlung zustimme.


„Nicht die Katastrophe ist das Problem. Sondern das Danach.“ Osamu Yoshino

Kyoko ist 11 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter zusammen. Anscheinend ist alles normal, aber dem ist nicht so. Sie leben in einer Stadt, in der eine Katastrophe stattgefunden hat. Anscheinend haben die Menschen diese gut überwunden, aber nach und nach bemerkt man, dass der Anschein trügt.

Ich muss gestehen, dass ich jetzt in dem Moment, in dem ich die Rezension schreibe, noch nicht genau weiß, wie ich das Buch beschreiben und kritisieren soll. Mit den nur ca. 160 Seiten könnte man das Buch schnell lesen, jedoch habe ich einige Zeit gebraucht, um in die Geschichte zu finden. Das liegt vor allem an der Erzählperspektive. Erzählt wird aus der Sicht eines 11 jährigen Mädchens. Einige Aussagen fand ich ziemlich seltsam und konnte sie nicht wirklich einordnen. Doch im Nachhinein ergeben sie einen Sinn und man versteht den Erzählstil besser. Und so ist es mit vielen Punktes des Buches. Erst zum Ende hin versteht man einiges, was zunächst in wenigen Sätzen angedeutet wurde. Die gewählte Perspektive für solch ein Thema finde ich sehr interessant. Kinder nehmen Dinge ganz anders wahr. Kyoko kann das Verhalten der anderen nicht ganz nachvollziehen und merkt nach und nach, das in Umizuka etwas falsch läuft.

Die Atmosphäre des Buches kann ich gar nicht so richtig beschreiben, aber oft wirkt sie sehr bedrückend. Denn etwas Schlimmes ist passiert und immer wieder sterben Kinder. Was genau passiert ist, wird niemals erwähnt, aber man ahnt, dass es etwas mit einer Katastrophe, wie damals in Fukushima, zu tun hat. Die Erzählung findet einige Jahre nach der Katastrophe statt und man liest, wie die Bewohner mit dem Erlebten umgehen. Man rauft sich zusammen, ist für den anderen da und baut die Stadt zusammen wieder auf. Als Gemeinschaft. Als Gruppe. Es gibt ein Lied, das man zusammen singt, über den Heimatort und ihre Bewohner. Umizuka, Umizuka, Umizuka. Alle halten zusammen, denn nur miteinander kann man das Erlebte verarbeiten.

Je mehr man liest, desto klarer wird, dass aber etwas im Hintergrund passiert. Das nicht alles so harmonisch ist, wie es zu Beginn den Anschein hat. Wiederholt wird erzählt, dass man das Obst und Gemüse problemlos essen könne. Aber Kyokos Mutter gibt viel Geld für Essen aus der Dose aus. Kinder sterben, Menschen, die anders denken, verschwinden. Und das alles wird erst mit der Zeit ersichtlich. Nach und nach versteht man, was in Umizuka passiert sein muss und welche Folgen es hat. Kein schönerer Ort ist der Titel des Buches und zunächst wirkt es auch so, als ob dem so wäre. Doch hinter Fassade steckt meist so viel mehr.

Das Ende hat mich zunächst sehr verwirrt und danach wirklich erschrocken. Ich musste kurz innehalten, um zu verstehen, was das Ende bedeutet. Ich habe das Buch beendet, zur Seite gelegt und musste erst einige Tage darüber nachdenken. Das Buch ist so anders, als ich erwartet habe. Es macht nachdenklich, es ist nicht einfach ein Roman, der von einer Katastrophe und dem Danach erzählt. Es geht um so viel mehr. Wie um die Regierung und dem Versuch, das Schlimme zu verheimlichen. Und das geht nur, wenn alle gleich denken und handeln; unterdrückt und bespitzelt werden.

Jetzt, da ich das Gelesene Revue passieren lasse, wird mir erst so richtig bewusst, um was es in dem Buch geht. Das Buch ist eindringlich und keine leichte Kost. Wie die Botschaft so leise und nicht sofort ersichtlich überbracht wird, fasziniert mich sehr. Man muss einen Blick hinter die Fassade werfen, um zu sehen, was wirklich passiert. Das Buch handelt von so viel mehr als einer Katastrophe und dem Danach.

Fazit

Kein schönerer Ort ist ein Buch, in dem man zwischen den Zeilen lesen muss, um die Geschichte zu verstehen. Mit der Zeit wird ersichtlich, was in Umizuka passiert ist, auch wenn es nie ausgesprochen wird. Yoshimura beschreibt auf faszinierende Weise eine Geschichte über eine Katastrophe in Japan und deren Folge für die Bewohner.

Allgemeine Infos

Titel: Kein schönerer Ort
Autor: Manichi Yoshimura
Verlag: cass Verlag
Seitenanzahl: 160

Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar!

0 Gedanken zu „Rezension – Kein schönerer Ort- Manichi Yoshimura

  1. Hallo!
    Dieses Buch ist mir bisher noch so gar nicht aufgefallen, doch deine Rezension dazu hat mich wirklich sehr neugierig gemacht! Die außergewöhnliche Perspektive und die doch so schwere Thematik haben mich auf jeden Fall direkt angesprochen und ich habe mir das Buch notiert. Vielen Dank!

    Liebe Grüße!
    Gabriela

  2. Hallo!
    Mir ging es da genau wie dir, zunächst konnte ich gar keine Worte finden für das Buch, es zu beschreiben ist mir schwer gefallen. Gefallen hat es mir aber wie dir sehr!

    Liebe Grüße,
    Tina

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